Sonntag, 5. Juli 2015

Gutis Leben: Der Wendepunkt

Hallo meine Lieben,

heute möchte ich endlich meinen bericht zum Leben mit dem Lipödem Fortsetzen. 

Wenn die Familie es nicht verstehen kann

Ich habe also immerhin ganze 3 Monate regelmäßige Behandlungen mit Manuellen Lymphdrainagen (MLD) bekommen und Kompressionsstrümpfe. Dadurch ging es mir etwas besser. Allerdings können oder wollten meine Ärzte mir keine dauerhafte MLD verschreiben, wodurch immer wieder Pausen zwischen den Behandlungen entstanden sind, in denen sich mein Zustand langsam aber sicher weiter verschlechterte. 

An den Gedanken, dass ich nie wieder meinen alten Körper zurück haben werde hatte ich mich so langsam gewöhnt, auch wenn es sehr frustrierend war. Natürlich habe ich auch meiner Familie von der Diagnose erzählt und das war noch viel frustrierender

Ich habe meinen Eltern und Großeltern erklärt. warum ich mittlerweile so aussehe, dass Sport und Diäten nichts bringen und ich mich in dauerhafter ärztlicher Behandlung befinde. Als ihre erste Reaktion darauf dann war: "Mh na gut... aber du versuchst trotzdem wieder abzunehmen? Du machst doch weiter Sport?" wusste ich, das ich mich hier vergeblich bemühe. Und es kam dann auch so, dass alle paar Wochen die spitzen Kommentare kamen.

"Aber du hast schon wieder zugenommen oder?" "du machst aber noch regelmäßig Sport?" "Du ernährst dich gesund? Du weißt doch wie es geht!" "Hast du es mal mit den Pillen probiert?" "Vielleicht solltest du mal diese oder jene Diät ausprobieren...?"

Ich war völlig am Ende und habe es am Ende einfach aufgegeben Erklärungen abzugeben und zu allem Ja un Amen gesagt. Das meine Familie nicht hinter mir steht und nicht verstehen kann oder will, wie es mir geht und das ich einfach krank bin hat mich unfassbar wütend und traurig zugleich gemacht. Das ging soweit, dass ich mich habe komplett gehen lassen. Nach außen war ich weiter der fröhliche Mensch, aber innerlich.... Mich hat nichts mehr interessiert, ich habe gefressen, heimlich Süßkram in mich reingestopft und immer und immer weiter zugenommen, auch am Oberkörper, vor allem am Bauch und den Speckröllchen, die von meiner Krankheit gar nicht betroffen sind. Die entstanden wirklich durch mein Fressverhalten. Und ich habe mir sehr sehr lange eingeredet, dass ich eh nichts dagegen tun kann. 

Und dann kam Ende letzten Jahres die Wende durch Madlen Kaniuth.

Die Chance meines Lebens

Madlen ist Schauspielerin und Sängerin und bekannt durch ihre Rolle in der Daily Soap "alles was zählt" sie ist ebenfalls Lipödem Patientin und ist damit an die Öffentlichkeit gegangen. Nicht einfach so sondern im rahmen ihrer OP's. Madlen hat sich das Krankhafte Fettgewebe an Beinen und Armen in einer Kölner Spezialklinik operativ entfernen lassen. Das ist die einzige Möglichkeit, diese Krankheit zu heilen, auch wenn sie sehr sehr umstritten unter Ärzten und Therapeuten ist. Über ihre Erfahrungen hat sie ein Buch geschrieben und ist damit sehr präsent in allen Medien gewesen. Denn diese Operation ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Die Kosten dafür liegen im fünfstelligen Bereich und müssen vom Patienten selbst bezahlt werden. 

Meine Eltern und Großeltern sind bekennende "AWZ" Fans und haben durch die viele Berichterstattung Madlens Geschichte gehört. Noch am selben Abend, als der erste Bericht im TV ausgestrahlt wurde bekam ich einen Anruf meiner Mama.

Sie fragte ob das meine Krankheit wäre? Ja, genau das ist es. Sie stellte mir noch gefühlt hunderte Fragen, aber ich wusste, jetzt hat es "klick" gemacht. Ich könnte heute noch weinen, wenn ich mich an diesen Tag zurück erinnere. Meine Mama hat sich daraufhin über all im Internet für mich schlau gemacht, nach Behandlungsmethoden und wie man die Beschwerden lindern kann usw. und ein paar Wochen später telefonierten wir erneut und ich bekam die überraschenste Nachricht meines Lebens:

Meine Eltern würden mir, wenn ich es denn wöllte, die Operationen zur Entfernung des Lipödems finanzieren. 

Das stellte mein Leben auf den Kopf. 

Ich belas mich überall nach den verschiedensten Methoden der Entfernung und stellte fest: es wird alles andere als leicht. Man muss danach sehr auf seine Ernährung achten, weiter Sport machen usw. Das Lipödem an sich kann nicht wieder kommen. Denn diese kranken Fettzellen sind angeboren und können sich ab dem 21. Lebesjahr nicht neu bilden. Nur "normales" Fett kann sich wieder bilden, aber das lässt sich auch durch Sport abtrainieren. 

Aber es bleibt ein Risiko und damit auch das Risiko, das ich das hart verdiente Geld meiner Eltern sprichwörtlich "in den Sand setze". Ich habe wochenlang mit mir gerungen. In der Zwischenzeit waren meine Ma und meine Oma auf der Veranstaltung eines Arztes, der diese Art von OP durchführt und haben sich dort beraten lassen (ich konnte aus Zeitgründen leider nicht mit). 

Das Ergebnis dieser Gespräche war klar: ich mache diese OP.

Seit dem ist viel passiert, in Sachen Planung, Arztwahl usw. Aber auch im Verhältnis zu meinen Eltern, denn es gab immer wieder Reibungspunkte. 

Über diesen ganzen Ablauf werde ich euch sehr bald im dritten Teil berichten, denn Fakt ist: die Termine stehen und sie sind sehr sehr bald. Bis dahin möchte ich meine Berichte auf den aktuellen stand bringen und euch dann ganz Zeitnah von meinen Erfahrungen kurz vor, während und nach den OP's berichten. 

Also bis ganz bald :)

Eure Guti

5 Kommentare:

  1. Hat Deine Familie wirklich eine TV Sendung gebraucht, um zu verstehen und zu akzeptieren, was du hast?
    Lass dich mal feste drücken...

    Als ich meine Diagnose damals bekam (habe ebenfalls eine chronische Krankheit, allerdings nicht heilbar derzeit), haben meine Eltern das Netz links und rechts gemacht und alles ausgedruckt und gelesen, um alles verstehen zu können.
    Viele Tränen sind damals geflossen, aber wir haben gemeinsam einen Weg gefunden.

    Ich drücke Dir für die Zukunft und die geplanten OPs die Daumen und hoffe, dass Dein Freund dir ganz viel Kraft geben kann.

    lg Angelina

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    1. Ja hat sie. Mein Freund und vor allem SEINE Familie waren in der Zeit mein einziger halt... Aber zum Glück hat es sich geändert und sie ermöglichen mir eine riesen Chance. Deswegen ist es wirklich zweitrangig. Ich kann auch irgendwo verstehen, dass man verdrängt, das das eigene Kind eine chronische und angeblich nicht aufzuhaltende Krankheit hat. Mittlerweile haben das meine Eltern, vor allem meine Mum auch alles umgekrempelt und sich Infos geholt, wo es nur ging. Ich bin froh, das sie da sind.

      Danke dir! Ich hoffe für dich gibt es auch bald eine Möglichkeit gesund zu werden und bis dahin halte durch und gute Besserung!

      lg

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  2. Ohaaa, du lässt dich also wirklich operieren! Ich spiele auch ab und zu mit dem Gedanken, aber es ist einfach ein enormes Risiko und ich bin mir nicht sicher, ob ich das eingehen will...
    Das die kranken Fettzellen, nach der OP ganz sicher nicht wieder kommen, wusste ich so nicht. Ich dachte, sobald man wieder zunimmt und sich die Fettzellen vergrößern, besteht das Risiko, dass diese auch krank werden... Hast du vielleicht ein paar Links dazu?
    Ansonsten wünsche ich dir ganz viel Erfolg und das alles glatt geht!!!!!!!! Es freut mich auch, dass du inzwischen wieder mit deiner Familie klar
    kommst, das ist schon echt heftig, wenn die einen nicht unterstützen!
    In diesem Sinne, ich drück dir die Daumen und bin super gespannt auf den nächsten Beitrag!
    Liebe Grüße,
    Sophia

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    1. Ja ich will es jetzt durchziehen. Wenn es danach wieder kommt, muss ich wieder damit Leben, aber ich kann mir diese Chance nicht nehmen lassen.
      Ja das mit der Familie...da gab es noch einige Gespräche, aber das wird dann im nächsten Gespräch kommen ;-)
      LG

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    2. Links habe ich leider keine, das sind alles Infos vom Lymphtag der CG Lympha mit Prof. Cornelly und seinen Studien, die er seit 10 Jahren betreibt.

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